Sonntag, 27. Juli 2008

"Eine Leiche zum Dessert" / "Murder by Death" [USA 1976]


Der Titel des Films ist fast genauso ironisch wie genial. In diesem treffen sich die fünf besten Detektive zu einem abendlichen Dinner, das von einem seltsamen Mister Twain (Truman Capote) in seiner technisierten "Bruchbude" ausgetragen wird, sich in Wahrheit jedoch als Vorwand für ein mörderisches Spiel entpuppt. Anlass für eine der komischsten Komödien aller Komödien. Eine kauzige Komödie, die ihren Witz vor allem aus den skurrilen Charakteren, ihren Beziehungen zueinander und allerhand abstrusen Situationen destilliert. Dabei ist "Eine Leiche zum Dessert" eine Parodie, eine Persiflage an die alten Krimiklassiker berühmter Romanschriftsteller, nimmt sich deren Klischees an und überzeichnet sie konsequent in einer ebenso makabren wie schrägen Handschrift – ein Fest zum Festtag "bizarrer Banalitäten".

Seien es manipulierte, knarrende Türen, das Schreien einer Frau als Türklingel, Zuckerwatte als Spinnweben, Ratten, Nebel oder das typisch stürmisch-gewittrige, trotzdem künstlich inszenierte Wetter viktorianischer Spukhäuser: Regisseur Robert Moore und Drehbuchautor Neil Simon sind sich für nichts zu schade und ziehen beinah alles durch den Kakao, was angesichts der vielen kleinen Details und des ohnehin übermäßigen Unterhaltungsfaktors für eine mehrmalige Sichtung reizvoll ist. Sinn hat die Handlung mit absichtlich eingestreuten Plausibilitätslücken (der Schlussreigen sich überlappender Identitäten!) jedenfalls nicht, aber das ist auch gut so, entlarvt die Geschichte damit doch satirisch den häufig effektheischenden Sinngehalt jener kriminalistischen Schmuddelliteratur, für die die fünf Detektive im Film symbolisch stehen.

Einen nicht unwesentlichen Teil dafür, dass sich der Film seinen raubeinigen Charme bis heute beibehielt, verdeutlich hauptsächlich der pointiert besetzte Cast voller illustrer Persönlichkeiten, der mit einigen bekannten Stars aufwarten kann. Darunter Alec Guinness, Peter Falk, Peter Sellers und David Niven, die allesamt zwar herrlich durchgedrehte Figuren mimen, dem Zuschauer dennoch liebenswürdig, lebendig und greifbar erscheinen. Truman Capote als kleinwüchsiger, kahler und charismatischer Antagonist sollte ebenfalls nicht unerwähnt bleiben; er ist für dieses Dinner verantwortlich und fühlt sich außerdem berufen, der beste Detektiv aller Zeiten zu sein. Peter Falk ist währenddessen der komödiantische "Hauptgang", wie er nach einem misslungenen Attentat süffisant feststellt. Er karikiert einen windigen, in den Slums aufgewachsenen Privaträcher namens Sam Diamond (eine Anspielung an den echten Sam Spade aus "Die Spur des Falken"), der aufgrund seiner trockenen Lakonie und dreisten Direktheit, seines, mehr noch: ungehobelten Temperaments, manche Lachsalve im falschen, steifen Moment der Andacht heraufbeschwört. 

Weiterhin unvergessen: der blinde Butler (Alec Guiness) im Zusammenspiel mit der taubstummen und nicht Englisch sprechenden, lesenden Köchin (Nancy Walker) und Inspektor Sidney Wang alias Peter Sellers (obschon im Humorverständnis platter, "überflüssiger" als alle anderen) mit dem werten Herr Mark Twain. Der Witz aus der letzteren Paarung ergibt sich daraus, dass Wang in seinen bruchstückhaften Sätzen nie Artikel oder Pronomen benutzt und es deshalb zu konfusen Verständigungsproblemen dank mangelhafter Grammatikkenntnisse kommt. Ein immer aktuelles, zeitloses Problem. Frisch und spritzig eben. "Eine Leiche zum Dessert" ist mehr als nur Dessert, sondern magenausfüllende Delikatesse.

7 | 10