Dienstag, 6. November 2012

Die Bond-Retro; geschüttelt, nicht gerührt #5


»OCTOPUSSY«
(GB 1983; Regie: John Glen)

Wo speziell "Diamantenfieber" und "Moonraker" einen Tornado an geistesgestörten Gags fabrizierten, ist Bond kurzerhand im Zirkus angelangt und komplettiert die Doof-Trilogie der Serie schonungsloser als schonungslos im Inferno anspruchsfeindlicher Stilblüten – "Octopussy" spielt zu einigen Teilen im Zirkus, dessen Versatzstücke, nachgearbeitete Maskeraden und freche Pointen sich der Film auf der Handlungsebene zunutze macht. Daraus entsteht Moores "Feuerball", ein in Flachgewässern badender, bis zum dreiteiligen, in der Luft erzählerisch klammernden Finale totenbleicher Bond, nicht weil er Bond demontiert, sondern weil er Bond karikiert, und das ausgerechnet nach "In tödlicher Mission". Entlang paranoider Eroberungsallmacht, morgenländischer Dekadenz, zweigeteiltem Deutschland und den nuklearen Kommunismus-Ambitionen der Russen vertauscht "Octopussy" Seriosität mit dem platzendlauten Schenkelklopfer, der gehörschädigender nicht sein könnte. Was Bond zu erfüllen hat, ist nicht viel, muss er sich doch allgegenwärtig verkleiden, als Clown, als Kommunist, als… Krokodil, als Affe, als… Tarzan mitten im zupackenden, zustechenden Dschungel, während seine flächendeckende Macho-Attitüde eine geschmacklose Dimension beansprucht – mit der Kamera auf die Brüste schielen und auf einer Fraueninsel aufräumen. Maud Adams ist wieder an Bord, setzt aber wie der vollgequatschte Film kaum Akzente. Gewitzt: der popkulturelle Fingerzeig auf den Oktopus als Facehugger ("Alien") und den appetitvergehenden Schafskopf beim "Indiana Jones"-Dinner. Zu selten ist das so unsäglich abkupfernd.  


»IM ANGESICHT DES TODES«
»A VIEW FOR A KILL«
(GB 1985; Regie: John Glen)
 
Feuer speit Roger Moores poppiges Alterswerk, es bedeutet, dass er noch einmal alles geben will, bevor er sich auf dem Liegestuhl in der Karibik zur Ruhe legt. Duran Duran und die (gecoverten) Beach Boys treiben ihn mit pochenden Beats in der Eiswüste voran, das Eis schmilzt, die Kälte vergeht, Moore springt, schlittert, dreht sich, Moore ist Bond, am eindrücklichsten in der vielleicht besten Eröffnungsszene der Ära Roger Moore. Rückblick: Wurden Connerys Augenbrauen buschiger und das Haar zunehmend weißer, wachsen Moore fortwährend tiefere Falten. Dazu stakst er holpriger durch eine Mordsgeschichte, deren Herausforderungen er sich aber nach wie vor wie ein gelassener Greis erwehren kann, auch wenn der Faustschlag inzwischen wehtut. Den Tenor des aufkeimenden Internetzeitalters per Mikrochip propagierend, gilt es, einen schizoiden Psychopathen aufzuhalten (gönnerhaft: Christopher Walken), der seiner Vorliebe für gedopten Reitsport, improvisierte Problemlösung und übermütige Konkurrenzvernichtung nachgeht. Ihm zur Seite steht eine der befremdlichsten Nebenfiguren der Serie (muskelbepackt: Grace Jones), die kämpferische Stoßkräfte gegenüber Autoritärmenschen androgyn übersteigert und für die Riege der bösen Typen steht, die den Freund und den Feind in sich vereint. Aufgrund reihenweise schwindelerregender Luftstunts und der "Indiana-Jones"-Mine ist das ein kleiner, wehmütiger, amerikanischer Lebewohl-Bond, dem es jedoch misslingt, die (auch weibliche) Hauptattraktion aufzuführen. 
        

»DER HAUCH DES TODES«
»THE LIVING DAYLIGHTS«
(GB, Ö 1987; Regie: John Glen)

Timothy Dalton stand 1987 für eine radikale Neuausrichtung alteingesessener, aber fast schon eingerosteter Winkelzüge Pate. Sein James Bond taumelt nicht mehr ins Zimmer des Chefs, nachdem der Flirt mit dessen für Bond-Verhältnisse überalterten Sekretärin die üblichen eifersüchtigen Spitzfindigkeiten hervorbrachte. Sein James Bond ist hart und unnachgiebig, aber vielmehr warm und beruhigend, einer, der den Überblick besitzt und dagegen den selbstzweckhaften Sprücheklopfer ins Abseits stellt. Einer, der aus intellektueller Selbstsicherheit heraus die Mission erfolgreich abschließt und doch nirgends die emotionale Temperamentlosigkeit verliert, zu beschützende Kollegen mitfühlend zu behandeln. Entsprechend erweist sich "Der Hauch des Todes" trotz der verjüngten, jedoch eindimensional gespielten Miss Moneypenny als bodenständig angesiedelter Geheimdienst-Thriller, der die ihm inhärente Überlebenstechnik (ein Pfeiftonautoschlüssel!) zum Wohle der Geschichte gestaltet, während Bond im Kern der Handlung mit seinem Mädchen (Mauerblümchen: Maryam d'Abo) lediglich um den halben Erdball flieht und in Afghanistan noch einmal dem Team explosiv zuarbeitet. Ein verschmitzt-theatralischer Jeroen Krabbé und ein Haudrauf-Waffenfetischist (Joe Don Baker) zeigen sich als Bonds mannigfaltige Kontrahenten, wovon der eine stolz auf seine Museumssammlung blutrünstiger Diktatoren ist, die "das kranke Fleisch von der Gesellschaft abschneiden" würden. Inmitten der Weite des Himmels und der Enge der Küche entspringt der Hauch des Todes, den jeder am Nacken spürt.                  

Gesamtwertungen: 5 | 10     6 | 10     7 | 10