Donnerstag, 15. November 2012

"Sunshine Cleaning" [USA 2008]


Zurufen möchte man Christine Jeffs: In der Tat, du weißt genau, inwiefern du das Herz deiner Zuschauer im Sturmlauf erobern kannst. "Sunshine Cleaning" wirkt wie aus dem Leben gegriffen. Eine ungewohnt warmherzige, da natürliche und herzerwärmende, da authentische Indie-Dramödie, deren überkandidelter Schenkelklopfercharakter geringfügig bleibt, sich in Grenzen dessen hält, was für den guten Geschmack erträglich ist. Die schattenhafte und bedauerlicherweise wenig Licht produzierende Lebensgeschichte zweier Schwestern – unwiderstehlich gespielt von Amy Adams und Emily Blunt, da, natürlich, natürlich –, die sich aus finanziellen Schieflagen nur daraus befreien können, indem sie einen Reinigungsjob für das matschige Danach von Tatorten annehmen, fordert es eigentlich heraus, das Blut, den Ekel, den Slapstick, die Schauwerte. Und trotzdem zentralisiert sich Jeffs auf die Einsamkeit dahinter, der Einsamkeit in einer glückversprechenden Wohlstandsgesellschaft, der Jeffs immer wieder den Spiegel vorhält, etwa wenn Rose (Adams) auf eine Party mit ihren plastikbestückten Freundinnen eingeladen wird.

Credo: Mach' aus Verlierern und Versagern ohne Existenzgrundlage die größten Gewinner mit ebenso imponierender wie individueller Arbeitsimprovisation. Es heißt, sich zu überwinden, seinem Glück allen amerikanischen Versprechungen zum Trotz auf die Sprünge zu helfen (die sowieso eine große Lüge kaschieren, sobald man ins gesellschaftliche Abseits schlittert). Wenn dann noch der Sohnemann (besser: "das Genie"; Jason Spevack) dabei beobachtet werden darf, wie er es genießt, seine Zunge als Wischmopp zu benutzen und seinem notorischen Voyeurismus per Fernglas zu huldigen, wenn sein Onkel (Alan Arkin) angeblich frische Fische verkaufen will, aber aus Hygienegründen von jeder Restaurantkette stets abgelehnt wird, wenn sich eine leise Liaison zwischen einer zweiarmigen Rose kurz vor dem Welken und einem einarmigen Verkäufer (Clifton Collins junior) anbahnt, dann ist es irgendwie fühlbar, das Glück für eine Familie, die es mehr als alle anderen braucht, um den amerikanischen Traum aus einem ganz normalen Alptraum doch noch wahr werden zu lassen. Sympathisch ohne Ende, zum Wohlfühlen, nur etwas zu kurz, was zur Folge hat, dass mancher Handlungsstrang zu hastig abgewürgt wird.        

6 | 10